Nicht nur die Lohntüte macht es: Das Interesse daran, wie man als Unternehmer außerdem Fachkräfte binden kann, ist offenbar groß. 90 Teilnehmer wollen sich dazu morgen austauschen.
Oelsnitz. Für Tabea Schäfer ist es selbstverständlich, dass sie als Geschäftsführerin des in Oelsnitz ansässigen Bereichs Technische Federn des Unternehmens Bahner und Schäfer „nicht nur Verantwortung für Zahlen, Kunden und die Firma“ übernimmt, sondern auch für das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter. Zum einen ist dies für sie als Christin gar nicht anders denkbar, zum anderen sieht sie auch klar die Vorteile für das Unternehmen, das mit ihr zwölf Mitarbeiter zählt.
„In Zeiten der Globalisierung und der Schnelllebigkeit hat eine Firma nur eine Chance, wenn sich Leitung und Mitarbeiter der Herausforderung gemeinsam stellen“, sagt sie. Gerade in kleineren Unternehmen müssten alle mitziehen, multifunktional einsetzbar und flexibel sein. Und: Wenn ein Mitarbeiter spüre, dass man seine Probleme ernst nimmt, ihn an den Erfolgen der Firma beteiligt und seine Arbeit honoriert, gehe er engagierter an seine Aufgaben heran.
Familienfreundlichkeit gefragt
Das bestätigt Alexander Reinhold. Der Werkzeugmacher hat sich in der Qualitätssicherung und als Maschinenprogrammierer weiterbilden lassen, um flexibel einsetzbar zu sein. Im Gegenzug schätzt der 30-Jährige die familiäre Atmosphäre, den direkten Kontakt zur Geschäftsleitung. „Auch wenn man private Probleme hat, ist immer ein Gespräch möglich und wird eine Lösung gefunden.“ Wie bei dem älteren Kollegen, dem angepasste Schichtzeiten ermöglicht werden, damit er sein Enkelkind aus der Kita abholen kann. Schäfer: „Oft sind es kleine Dinge, die wichtig sind.“
Sekretärin Anke Trommler, seit 13 Jahren im Unternehmen, zählt auf, wie sie und ihre Kollegen am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden: Urlaubs- und Weihnachtsgeld, monatliche Tankgutscheine, Weihnachtsfeier und Sommerfest mit den Partnern. Trommler hat zudem erfahren, wie hoch bei Tabea Schäfer Familie und Kinder stehen: Als sie zwei Jahre nach der Geburt ihres zweiten Kindes wieder in die Firma kam, wurde ihr angeboten, zunächst in Teilzeit zu arbeiten. Tabea Schäfer: „Wir haben selbst vier Kinder, ich kenne die Herausforderungen einer Familie. Das darf man einfach nicht vergessen.“
Für die Unternehmerin ist zudem auch ihr Engagement in der Region wichtig: So ist sie Vorstandsvorsitzende des Trägervereins des christlichen Kindergartens „Saatkorn“ in Hohndorf. Wie stark das Miteinander im Unternehmen ausgeprägt ist, zeigt beispielsweise der Fakt, dass Mitarbeiter auch zur Stelle waren, als das Dach der Kita vor zwei Jahren unter der Schneelast litt: Sie kamen zum Schneeschippen nach Hohndorf.
Nur zwei Projekte in Sachsen
Was da bei Bahner und Schäfer offenbar gut funktioniert, ist Ziel des Projektes CSRnetERZ. Hinter CSR verbergen sich die Worte „Corporate Social Responsibility“ – es geht einfach gesagt darum, dass ein Unternehmer auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen sollte. Das Projekt erfolgt in drei Zyklen, der erste begann Anfang 2012, morgen findet in Annaberg-Buchholz der Auftakt für Nummer 3 statt. Neben einem Erfahrungsaustausch werden Seminare angeboten, die Unternehmer und Beschäftigte befähigen, CSR als Potenzial wahrzunehmen und auszubauen.
„Das Erzgebirge spielt hier eine Vorreiterrolle“, sagt Matthias Lißke, Chef der Wirtschaftsförderung Erzgebirge (WFE), die für CSRnetERZ den Hut auf hat. Denn in Sachsen seien nur zwei Projekte im Rahmen eines bundesweiten Förderprogramms bewilligt worden.
Zur Auftaktveranstaltung haben sich 90 Teilnehmer angemeldet, 50 nutzen den gesamten Zyklus. Das kleinste Unternehmen habe zwölf Mitarbeiter, das größte 522. Die Resonanz zeige, dass das Thema verstanden werde. Der Nutzen liegt für Lißke auf der Hand: Ein CSR-geprägtes Unternehmen könne die Potenziale seiner Mitarbeiter besser nutzen, sei ein attraktiverer Arbeitgeber und erlebe eine positive Außenwahrnehmung durch Kunden und Geschäftspartner.
Quelle: Freie Presse, erschienen am 05.12.2013 (Von Viola Gerhard)